Eine böse Überraschung erlebten einige Versorgungsempfänger, die, nachdem sie ihren Antrag auf Anerkennung ruhgehaltfähiger Dienstzeiten vor dem 17. Lebensjahr gestellt hatten, Post von der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation (BAnstPT) erhielten. Nicht nur, dass nun die komplette Ausbildungszeit nicht anerkannt wurde, sondern auch ihre bisherige Pension wurde völlig neu berechnet.
ver.di hält das Vorgehen für nicht rechtens und hat bei der BAnst PT massiv die Rücknahme ihrer Entscheidung eingefordert.
Die BAnst PT hat anlässlich der bei ihr eingegangenen Anträge auf Anerkennung ruhgehaltfähiger Dienstzeiten vor dem 17. Lebensjahr, die aktuelle Rechtsprechung des BVerwG anders interpretiert, und infolgedessen Versorgungsbescheide mit bereits mehrjähriger Bestandskraft aufgehoben und neu festgesetzt, mit ungünstiger Wirkung für Betroffene. Die Antragsteller und Hinterbliebene sollen weniger statt mehr Pension erhalten. In den ver.di bekannten Fällen sind das bis zu vier Prozentpunkte weniger.
Hintergrund ist die seit 1. Mai 2023 geltende neue Regelung für die Auszahlung von Versorgungsbezügen aufgrund neuer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 20. April 2023. Die Nichtberücksichtigung von Dienstzeiten vor dem 17. Lebensjahr bei der Versorgung von Bundesbeamt*innen, die bis zum 10. Januar 2017 in Ruhestand gingen, verstoße gegen europäisches Recht, entschied das BVerwG. Die BAnst PT hatte daraufhin u. a. Versorgungsberechtigte der Telekom, zwecks Antragsstellung bis 29.02.24 angeschrieben. Soweit so gut.
Rechtlich unstrittig war bislang, dass unabhängig davon, ob die Ausbildung vor oder nach 1980 endete, die Ausbildungszeit einer Fernmeldehandwerkerlehre als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen ist. Aufgrund neuerer Rechtsprechung des BVerwG vom 20. April 2023 auf der Grundlage des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus 2016, gilt dies auch für Vordienstzeiten vor dem 17. Lebensjahr.
Strittig ist die ziemlich überraschend neue Auslegung der Worte „zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung“ seitens der BAnst PT, wonach damit die gesamte Zeit der Ausbildung umfasst sein soll.
Die BAnst PT verweist auf einen Beschluss des BVerwG vom 06. Mai 2014 (Az.: 2 B 90.13 OVG 1 A 18/13 - Berücksichtigung einer neben der allgemeinen Schulausbildung vorgeschriebenen Ausbildung), und interpretiert die in dem Beschluss formulierte Entscheidung, dass auf die laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der jeweiligen Ausbildung abzustellen ist, auf einmal so, dass mit den Worten „Ableistung“ (der Ausbildung) die komplette, vollständige Ableistung gemeint sei, und nicht der „Beginn der Ausbildung“.
U. E. sind Jahrgänge 1977, 1978 und 1979 mit einem Hauptschulabschluss betroffen, die ab 1980 verbeamtet worden waren, und die bei Eintritt in die Pension den höchsten Ruhegehaltssatz, 71,75 Prozent, nicht erreicht haben.
ver.di hält das Vorgehen der BANst PT in keiner Weise für gerechtfertigt. Die laufbahn- und versorgungsrechtlichen Regelungen zur Anerkennung einer vorgeschriebenen Ausbildungszeit oder eines praktischen Einsatzes gelten unverändert.
Die Kriterien für die Aufhebung eines unanfechtbaren, vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit geschützten, Versorgungsfestsetzungsbescheides, sind hoch und nicht beliebig.
Entscheidung bei BMI und BMF
Auf Druck von ver.di hat die BAnst PT gegenüber ver.di zugesagt, den strittigen Sachverhalt um die Auslegung der Worte „zur Zeit der Ausbildung“ dem Bundesinnenminister (BMI) und dem Bundesfinanzminister (BMF) zur Entscheidung vorzulegen. Eingelegte Widersprüche sollen ruhend gestellt werden.
ver.di wird unverzüglich wieder berichten, sobald es hierzu neuere Informationen gibt.
ver.di rät betroffenen Mitgliedern ggf. Widerspruch einzulegen, sich davor aber beraten zu lassen.
ERFOLG BRAUCHT GEMEINSAMEN, SICHTBAREN EINSATZ