Der Umgang mit dem betrieblichen Arbeitsraum wird zurzeit vor allem dort mit neuer Dringlichkeit diskutiert, wo ortssouveränes Arbeiten grundsätzlich möglich ist. Homeoffice und hybride Arbeitskonzepte, Desksharing, neue Raumkonzepte und Flächenreduzierung, Erhalt von Betriebskultur und „Back to Office“ sind nur einige Schlagworte der aktuellen Debatten.
Von Astrid Schmidt
Der betriebliche Arbeitsraum ist immer auch ein sozialer Ort. Wir tauschen uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen beruflich aus – aber auch privat. Unsere informellen Netzwerke helfen oft unkompliziert dabei, ein Problem zu lösen, zufällige Gespräche bringen uns auf neue Ideen. Und manchmal ist es motivierend, dass im Zimmer nebenan an ähnlichen Themen gearbeitet wird.
Virtuelle Arbeitsräume
Gleichzeitig gilt: Im Zuge der Digitalisierung wird der betriebliche Arbeitsraum immer virtueller, zumindest in der Telekommunikations- und Tech-Branche. Zusammenarbeit braucht nicht unbedingt gemeinsame Präsenz – digitale gemeinsame Räume tun es auch. Das hat Vorteile: Mehr Ortssouveränität ermöglicht vielen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, spart Wege- und damit Lebenszeit und verschafft dem Einzelnen mehr Gestaltungsspielräume. Ein Nachteil dabei: Arbeitgeber nutzen die verstärkte Nutzung von Homeoffice als Argument, um Flächen abzumieten und Kosten einzusparen. Dabei braucht es vor allem eine größere Vielfalt an Raumarten – und attraktive, ergonomische Arbeitsplätze im Betrieb und im Homeoffice.
Chancen nutzen
Wichtig aus gewerkschaftlicher Sicht: Es geht um gute Gestaltung hybrider Arbeitskonzepte, die wir als Gewerkschaft, als betriebliche Mitbestimmung und auch als Beschäftigte mitprägen wollen. Chancen der Digitalisierung sollen genutzt, Risiken minimiert werden. Neben guter Arbeitsgestaltung ist auch gute Raumgestaltung gefragt: Welche Raumarten braucht es für die verschiedenen Tätigkeitsbestandteile? Welche Sozialräume sind wichtig für ein gutes Betriebsklima? Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit wir gesund bleiben? Welche Kompetenzen brauchen wir für gute Zusammenarbeit, wenn diese auch digital und virtuell stattfindet? Und wie organisieren wir gemeinsame Präsenz, von der alle Seiten profitieren? Die Realität zeigt gerade in der IKT-Branche, dass Beschäftigte oftmals nicht in Büros (zurück)kommen (wollen), in denen sie sich nicht konzentrieren können, die mit langen Fahrtzeiten einhergehen und in denen weder gemeinsame Präsenz klug organisiert wird noch eine Möglichkeit für unkomplizierte Mittagessen vorhanden ist.
Im Praxistest
Die Debatte um Raumkonzepte wird zurzeit allerorts geführt. Erste Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis zeigen, dass es sich auszahlt, beteiligungsorientiert und entlang der Wünsche und Bedarfe der Beschäftigten an die Sache heranzugehen. Klar ist, dass nicht jeder Wunsch erfüllbar ist. Gerade Desksharing bleibt für viele ein eher ungeliebtes Modell. Es macht aber einen Unterschied, ob Desksharing mit Vorteilen wie mehr Souveränität und einer attraktiven Raumgestaltung einhergeht oder ob Desksharing bedeutet, sich in lauten Großraumbüros an einen Arbeitsplatz zu begeben, an dem man sich nicht gut konzentrieren kann. Erfahrungen zeigen, dass sich Qualität auszahlt. Und auch die Möglichkeit, eigene Bedarfe und Ideen einzubringen, ist ein wichtiger Faktor für gelingende Veränderungsprozesse.
Weiterlesen: