ver.di setzt sich für die Gleichberechtigung und gleiche Teilhabe aller an der Gesellschaft und in der Arbeitswelt ein. Anlässlich des Tags der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember betonte der ver.di-Bundesarbeitskreis Behindertenpolitik, was dies für ver.di bedeutet: eine Kultur der Inklusion, der Nichtdiskriminierung und der Vielfalt, die auf gleiche Chancen unabhängig von Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeit, kultureller Identität, geschlechtlicher Zuordnung und Identität für Menschen jeden Alters wie auch auf gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen.
Von Christine Glaser-Riechel
Bei Menschen mit Behinderung ist die Zahlenlage mit Blick auf etwaige Potenziale für den Arbeitsmarkt sehr prägnant: Die Erwerbsquote von Menschen mit Behinderungen liegt bei rund 45 Prozent und damit deutlich unter der Quote von rund 80 Prozent für Menschen ohne Behinderungen. Dies zeigt, wie unerlässlich Maßnahmen für eine gleichberechtigte Teilhabe an der Arbeitswelt sind. Eine zusätzliche und verbindliche (Mindest-)Ausbildungsplatzquote von sechs Prozent für schwerbehinderte Menschen ist eine der Forderungen von ver.di.
Ausbildung
ver.di fordert, dass die Ausbildung schwerbehinderter Menschen in Betrieben/Verwaltungen verbessert und ausgebaut wird. Alle Ausbilder:innen von Menschen mit Behinderungen müssen über entsprechende (Zusatz-)Qualifikationen verfügen. Den besonderen Bedarfen bei der Ausbildung von Menschen mit Behinderungen ist durch auskömmliche Personalausstattung und ein hohes Maß an Fachlichkeit gerecht zu werden. Die Kosten für etwaige Zusatzqualifikationen müssen von den Arbeitgeber:innen getragen werden. Grundsätzlich muss das einschlägige Förderungs-/Beratungsangebot der Bundesagentur für Arbeit deutlich ausgebaut werden. Bei einer behinderungsgerechten Ausstattung der Arbeitsplätze und einer Intensivierung personenzentrierter Förderung kann und muss es gelingen, das Potenzial der Beschäftigten mit Behinderungen in den Fokus einer Politik der Steigerung der Beschäftigungsquote zu stellen.
Neues Gesetz
Das Gesetz zur Förderung des inklusiven Arbeitsmarktes, das zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt, begrüßt ver.di, wenn auch nicht alle ver.di-Forderungen umgesetzt wurden. Dennoch setzt es wichtige Impulse auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt. Die geforderte Höhe der sogenannten 4. Staffel der Ausgleichsabgabe in Höhe von 1000 Euro ist nicht erfüllt worden und sie muss dringend nochmals deutlich angehoben werden.
Für die beschäftigten Menschen mit Behinderung in den Werkstätten (WfbM) setzt ver.di sich ebenfalls ein, damit das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen mit Behinderungen im Kontext der Werkstätten für behinderte Menschen gestärkt und ausgebaut wird. Die Bundesregierung muss entsprechende Vorschriften wirksam für einen inklusiven, mit der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang stehenden Arbeitsmarkt schaffen. Sie muss verstärkt darauf hinwirken, dass der Arbeitsmarkt und das Arbeitsumfeld offen, inklusiv und auch für Menschen mit Behinderungen gleichermaßen zugänglich sind. Dies erfordert beispielsweise barrierefreie Arbeits- und Ausbildungsstätten und vergleichbare Wahlmöglichkeiten, ohne wegen einer Behinderung von vornherein auf bestimmte Optionen beschränkt zu werden. Dabei muss der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, ohne die Funktion der Werkstätten für diejenigen Menschen mit Behinderungen zu vernachlässigen, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (in seiner derzeitigen Verfasstheit) beschäftigt werden können oder wollen.
Ohne Geld geht es nicht
Das Budget für Arbeit, das Budget für Ausbildung sowie das Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf den ersten Arbeitsmarkt sind auszubauen. Das bisherige Entlohnungssystem der Werkstattbeschäftigten muss reformiert und durch ein faires, angemesseneres System abgelöst werden. Die meisten Behinderungen (circa 88 Prozent) entstehen im Laufe des Lebens durch Krankheiten; hinzu kommen Unfälle oder Berufskrankheiten. Nur zwei Prozent sind angeboren oder traten im ersten Lebensjahr auf. Die Reha-Angebote der Sozialversicherungen müssen auf die Veränderungen in der Arbeitswelt umfassend reagieren und ihre Leistungen entsprechend anpassen. ver.di fordert, Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation auch für Bezieher:innen von Bürgergeld deutlich zu verbessern sowie die Versorgungs-Medizinverordnung (VersMedV) ausschließlich zum Nutzen schwerbehinderter Menschen anzupassen oder zu verändern.
Fazit
Wir fordern die Bundesregierung auf, jetzt und mit allen Kräften darauf hinzuwirken, allen Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft durch die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Infrastruktur und die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. Es bleibt noch viel zu tun – wir bleiben dran.