Jugend

Mein Praktikum bei ver.di IKT

10.07.2023
Marcus Mosovsky

Im Mai lief ein vermeintlich neuer Kollege durch die Gänge der ver.di-Bundesverwaltung. Er hat einen Wiener Dialekt und stellte sich als Praktikant vor. Ja, das war dann wohl ich. Marcus Mosovsky, mein Name und Gewerkschafts­sekretär aus Österreich. Genauer gesagt komme ich von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und absolviere eine zehnmonatige Vollzeitausbildung der Arbeiterkammer und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, abgekürzt ÖGB. 

Nach meiner Rückkehr nach Österreich kümmere ich mich unter anderem um Tarifpolitik, Betriebsbetreuung, Mitgliedergewinnung, Marketing und Kommunikation. Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) ist mit 40 000 Mitgliedern die kleinste Gewerkschaft  und existiert seit April 1945, wie der ÖGB selbst. Im Zuge der höchsten gewerkschaftlichen Ausbildung absolvieren die Teilnehmer:innen einen Monat lang ein Praktikum bei anderen Gewerkschaften in Europa. Bei mir fiel die Entscheidung auf die ver.di. Ich war sehr happy darüber,  dass Florian Haggenmiller dies auch möglich machte. Als gelernter IT-Techniker und knapp neun Jahre bei der A1 Telekom Austria ist es für mich sehr wertvoll, in einem Bereich dabei sein zu können, der genau die beiden Branchen abdeckt, welche mein Berufs­leben geprägt haben. Ich bin 35 Jahre jung, stamme aus einer klassischen Arbeiterfamilie, in Wien-Favoriten aufgewachsen und seit 2011 gewerkschaftlich aktiv. 

Warum ich mich engagiere

Ich war damals, so wie viele Arbeiternehmer:innen, in der Situation, dass ich nicht das meinem Job entsprechende Gehalt erhielt. Nach einem Gespräch beim Betriebsrat bin ich dann irgendwie hängen geblieben. Viele weitere Gespräche und meine Bereitschaft, sich aber auch für meine Kollegen im Team einzusetzen, führten dazu, dass ich im Betriebsrat angedockt habe. Weil ich damals um einiges jünger als der Durchschnitt (48) im Betriebsrat war, fungierte ich als Schnittstelle zu unseren jungen Kolleginnen und Kollegen, aber auch zu den Auszubildenden. So war es auch mir ein großes Anliegen, dass die Ausbildung bei A1 Telekom Austria wieder mehr Stellenwert gewinnt und auch die Qualität gesteigert wird. So habe ich immer versucht, mich bestmöglich einzusetzen und auch innerhalb des Gremiums auf die Missstände in anderen Bereichen aufmerksam gemacht. Auch wenn ich anfangs in meiner Frak­tion nicht immer auf viel Zustimmung stieß, habe ich meinen Einsatz nicht reduzieren wollen. Ihr fragt euch wahrscheinlich gerade, was ich mit Fraktion meine? Nun, in Österreich wird die Überparteilichkeit des ÖGB durch die Existenz von politischen Fraktionen zum Ausdruck gebracht. Dadurch kommt es auch in vielen Betrieben vor, dass bei Betriebsratswahlen Fraktionen antreten. Aber natürlich gibt es auch Namenslisten. Fast alle Fraktionen haben eine Verbindung zu politischen Parteien und bilden hier das Sprachrohr der Arbeitnehmer:innen auf dieser Ebene. Weiteres sind alle Fachgewerkschaften im Dachverband des ÖGB und entsenden ihre Delegierten in dessen Vorstand. In der Jugend wird aber ein Schlüssel aufgrund der Mitgliederstärke herangezogen. Im Präsidium sitzen jeweils eine Frau und ein Mann der jeweiligen Fach­gewerkschaft. Der oder die Vorsitzende werden auf den Kongressen gewählt, welche das größte Gremium darstellen. ÖGB-Präsident ist Wolfgang Katzian, welcher von der Gewerkschaft GPA kommt. Katzian kandidierte erfolgreich beim EGB-Kongress zum Vorsitz des Euro­päischen Gewerkschaftsbundes. Der EGB-Kongress fand vom 23. bis 26. Mai in Berlin statt.

Aber kurz zurück zum Praktikum und meinem Fazit:

Viele Themen und auch die Herausforderungen sind gleich. Aber die Gegebenheiten und Ausgangslagen sind doch unterschiedlich. Ich war bei der Klausur der hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen dabei und fand es auch spannend, diesen Prozess mitzuerleben. Gewerkschaftsarbeit ist nun mal nichts, was nach Schema-F funktioniert. Jeder Betrieb, jede Gruppe hat ihre Eigenheiten, aber auch Vorstellungen und genau hier wollen wir ja als Gewerkschafter:innen ansetzen. Schließlich wollen wir so viele Menschen wie möglich in gute Arbeitsverhältnisse bringen und auch deren Zukunft absichern. Die Motivation dieses Ziel zu erreichen, spürte man auch bei der Vorstands­sitzung mit den Ehrenamtlichen. Klar, hier nimmt jede und jeder die eigenen Themen mit und möchte diese gut platzieren. Doch am Ende des Tages muss gelten, die größte Schnittmenge zu finden und diese gemeinsam zu verfolgen. 

Abschließend möchte ich mit einem Zitat einer, leider viel zu früh verstorbenen, österreichischen Politikerin meine Gedanken schließen: 

„Es geht nicht darum, jedem Trend der Zeit nachzulaufen, sondern vielmehr darum,
unsere Überzeugungen zum Trend der Zeit
zu machen“

Barbara Prammer


Wir kämpfen weiter! Euer Marcus