Jugend/Mitbestimmung

Vom Fachkräftemangel zur Fachkräftesicherung

10.07.2023
Betriebsräte DAX-40-Unternehmen


Die Betriebsräte der DAX-40-Unternehmen tagten im politischen Berlin über die dringende Frage, wie Deutschland den Fachkräftemangel überwinden kann. Kerstin Marx, Konzernbetriebsratsvorsitzende der Deutsche Telekom AG, sprach zu Strategien für die Fachkräftesicherung. 


Die Betriebsräte aus den DAX-40-Unternehmen trafen sich im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Während des Austauschs gab es auch Ge­spräche mit hochrangigen Vertreter:innen des BMAS. Kerstin Marx, Konzernbetriebsratsvorsitzende der Deutsche Telekom AG, betonte, dass die junge Generation nach Orientierung sucht und sich weitgehend alleine gelassen fühlt. Die COVID-19-Pandemie hat die Sorgen und Zweifel dieser Generation noch verschlimmert. 

Die Pandemie hat viele junge Menschen verunsichert und zu einer Generation in der Schwebe gemacht. Sie sind sozial isolierter, machen ihren Abschluss mithilfe von virtuellen Kursen und finden durch fehlende Praktika nur schwer Zugang in die Arbeitswelt. Junge Menschen haben Schwierigkeiten, Motivation und Richtung zu finden. Sie suchen eine Antwort auf die Frage „Was will ich werden, wenn ich erwachsen bin?“. Obwohl sie mehr Karrieremöglichkeiten haben als vorherige Generationen, können gerade diese Freiheit und Wahlmöglichkeit auch überwältigend sein und zu einem Gefühl von Orientierungslosigkeit führen. Zu diesem Ergebnis kommen Studien, wie etwa die Trendstudie Jugend in Deutschland, der Bertelsmann-Stiftung und der Forsa.

Wettbewerb um kluge Köpfe 

Ein Unternehmen ist für diese Generation attraktiv, indem es glaubwürdig und nachhaltig Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der kommenden Generation und der Nachwuchskräfte unvoreingenommen erfasst. Dazu gehört auch, sich als Unternehmen selbstkritisch zu reflektieren. Damit hält ein Unternehmen die besten Karten im Wettbewerb, um kluge Köpfe in der eigenen Hand. „Eine Nachwuchskräftestudie der Deutschen Telekom zeigt, dass Unternehmen, die ihre Mitarbeiter wertschätzen und ihnen Perspektiven bieten, erfolgreicher bei der Rekrutierung und Bindung von Fachkräften sind“, erklärte Marx.

Strategische qualitative Personalplanung

Während des Austauschs wurden wiederholt auch Fehler im Management thematisiert. Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit die Ausbildung heruntergefahren oder planten dies für die nächsten Jahre. Sie haben falsche Prognosen getroffen und zu spät gehandelt. Diese kurzfristigen Sparreflexe fallen uns allen nun auf die Füße. Bisher nutzen viel zu wenig Unternehmen die Chancen einer strategischen, qualitativen Personalplanung. Alle Teilnehmenden waren sich einig, dass die Ausbildung wieder auf den hohen Stellenwert zurückgeführt werden muss, den sie verdient. Betriebsräte, Politik, Gewerkschaften und Unternehmen müssen gemeinsam die richtigen Impulse setzen, um diese Fehler zu korrigieren und lebensnahe und tragfähige Lösungen zu entwickeln. „Wir lassen die Arbeitgeber nicht aus ihrer gesamtgesellschaft­lichen Pflicht!“, appellierte Marx.

Mehr Gleichberechtigung gefordert

Ein weiteres Thema, das diskutiert wurde, war die Gleichberechtigung. Es gibt immer noch viel zu wenig Frauen in führenden Positionen und die Bezahlung ist oft nicht gleichwertig. Das Entgelttransparenzgesetz hat hierzu noch nicht den notwendigen Erfolg geschaffen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Laut dieser Studie stehen Unternehmungen mit betrieblicher Mitbestimmung besser da. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig die Mitbestimmung ist. Es ist an der Zeit, dass Arbeitgeber Verantwortung übernehmen und sich für gleiche Bezahlung einsetzen. Auch die Möglichkeit, in führende Posi­tionen zu kommen, ist für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund oft noch sehr schwierig.