Citizen Development

Demokratisierung der IT

05.04.2023

Mitarbeitende reagieren sehr unterschiedlich auf sich immer schneller verändernde disruptive Technologien. Die einen sind vom Fortschritt begeistert und probieren neue digitale Tools direkt aus, andere sind verunsichert und bangen gar um ihren Job. Vermehrt macht in diesem Kontext der Begriff der demokratischen IT die Runde, die für mehr Transparenz und Vertrauen sorgen soll. Was steckt dahinter und welchen konkreten Nutzen können Mitarbeitende daraus ziehen?

Digitale Veränderungsprozesse werden meist nach dem Top-Down-Prinzip durchgeführt, bei dem unternehmensweite Entscheidungen von der obersten Führungsebene getroffen und dann dem restlichen Team mitgeteilt werden. Mit Citizen Development kommt ein neuer Ansatz ins Spiel, der wie kein anderer für die Demokratisierung der IT steht. Im Fokus stehen dabei die einzelnen Mitarbeitenden, die aktiv in die Software-Entwicklung integriert werden. Die sogenannten Citizen Developer sind Mitarbeitende einer Organisation, die nicht in der IT tätig sind und dennoch digitale Prozesse aus eigener Kraft umsetzen können.

Mit No Code zum Digitalisierungsprofi werden
Wenn Mitarbeitende ohne formale Ausbildung in der Softwareentwicklung Anwendungen erstellen, nennt man das „Bürgerentwicklung“ oder auch „Citizen Development“. Da diese Anwender in der Regel keine Programmiersprachen beherrschen, benötigen Sie Werkzeuge, die ohne Programmiercode auskommen. Realisiert wird das Ganze mit Unterstützung von sogenannten No-Code-Tools, die Usern die Erstellung von Anwendungssoftware mittels Drag-and-drop von vorgefertigten Bausteinen ermöglichen. No-Code-Technologie ist branchenübergreifend überall dort im Einsatz, wo analoge in digitale Prozesse umgewandelt werden sollen. So lassen sich beispielsweise klassische Klemmbrettprozesse wie Checklisten, Abnahmen und Protokolle spielend leicht digitalisieren.
In der Logistikbranche etwa wird No Code eingesetzt, um den Wareneingang zu dokumentieren, Qualitätssicherungen durchzuführen, Schäden zu melden und viele weitere Prozesse digital abzubilden. Im Energiesektor werden Zählerstände erfasst, Instandhaltungen angestoßen und Wartungen protokolliert. So hat jede Branche seine typischen Einsatzgebiete. Und wer im Unternehmen sollte den Optimierungsbedarf der täglich gelebten Prozesse besser feststellen können als jene Mitarbeitenden, die auch täglich damit zu tun haben? Die Barriere zwischen den Menschen, die die Software schreiben und den Menschen, die die Software nutzen, wird damit aufgebrochen und Raum geschaffen für ein neues Zusammenarbeiten.

Digitale Fertigkeiten ausbauen
Wenn Mitarbeitende merken, dass sie bei der Frage nach neuen Digitalisierungstools nicht länger in der passiven Rolle feststecken, sondern eine aktive Treiberrolle einnehmen können, wirkt sich das positiv auf den Arbeitsalltag und das Zugehörigkeitsgefühl im Unternehmen aus. Citizen Developer, die zuvor womöglich gar keine Berührungspunkte mit IT-Themen hatten, erlernen neue digitale Skills, die sie einsetzen können, um ihr Team oder Umfeld zu optimieren. Denn wer selbst unmittelbar an der Digitalisierung der eigenen Prozesse beteiligt ist, fördert dadurch auch das eigene Prozessdenken. Doch prinzipiell gilt: Teilhabe wird in der Regel nicht auf dem Silber tablett serviert! Um das volle Potenzial von Konzepten wie Citizen Development auszuschöpfen, ist Pro-Aktivität von allen Seiten gefragt.

Technologie dient dem Menschen und nicht andersherum
Veränderungsprozesse gehen immer mit neuen Herausforderungen einher. Umso wichtiger ist es, den Menschen dabei im Fokus zu behalten und ihn aktiv am Wandel zu beteiligen. Eine offene Kommunikation über Bedenken, Risiken und Ängste sowie Transparenz sind dabei essenziell. Denn nur Mitarbeitende, die keine Angst vor Veränderungen (mehr) haben, werden diese aktiv unterstützen. Zudem ist es sinnvoll, Lernkonzepte zu erstellen und auch Freiräume für Versuch und Irrtum zu schaffen. Wenn Unternehmen diese Faktoren bedenken und den Menschen bei allen Entscheidungen in den Mittelpunkt des Handelns stellen, können Bedenken beseitigt und die Chancen neuer Technologien ergriffen werden.