DAX-40-Betriebsräte

Berliner Luft

22.08.2024
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Kerstin Marx, Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Deutsche Telekom

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat die Betriebsräte der DAX-40-­Unternehmen ins Ministerium ein­geladen, um zentrale wirtschafts- und sozialpolitische Themen zu disku­tieren. Das jüngste Treffen des DAX-40-Gesprächskreises wurde von Kerstin Marx, der Vorsitzenden des Telekom-Konzernbetriebsrats, eröffnet. Im Mittelpunkt des Treffens standen das geplante Tariftreuegesetz sowie die Anforderungen an ein modernes Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Herausforderungen durch Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen.

Von Husam Azrak

Die Vorhaben zum Tariftreuegesetz haben eine bedeutende Rolle sowohl für die Wirtschaft als auch für die Arbeitnehmenden. Es wäre ein wichtiges Instrument zur Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen und zur Sicherung fairer Arbeits­bedingungen. Ein Tariftreuegesetz würde dafür sorgen, dass alle Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten, tarifgebundene Gehälter zahlen müssen, ohne dadurch im Wettbewerb benachteiligt zu werden. Dies würde unlauteren Wett­bewerb verhindern und faire Bedingungen schaffen, da nicht tarifierte Unternehmen, die durch niedrige Gehälter ­finanzielle Vorteile hätten, keine öffent­lichen Aufträge erhalten. Die damit verbundene Förderung seriöser und stabiler Geschäftsmodelle käme dem Wirtschaftsstandort zugute und kann langfristig zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen. Gleichzeitig sichere es Arbeitnehmer*innen faire Arbeitsbedingungen, wodurch sowohl Motivation als auch ­Produktivität steigen können. Zusätzlich würde das Gesetz die Tarifautonomie stärken, indem es die Bedeutung von Tarifver­trägen und Gewerkschaften unterstreicht. 

Modernes Betriebsverfassungsgesetz

Ein weiteres zentrales Thema war die Anpassung des Betriebsverfassungsgesetzes an die modernen Anforderungen, insbesondere durch den zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Die Teilnehmer*innen betonten die Notwendigkeit, den Schutz und die Rechte der ­Arbeitnehmer*innen in einem digitalen Arbeitsumfeld zu sichern. Ein modernes Betriebsverfassungsgesetz sollte erweiterte Mitbestimmungsrechte beinhalten, damit Mitbestimmer*innen den Herausforderungen und Risiken der digitalen Transformation gerecht werden können – zum Beispiel mit Strategien für eine qualitative Personalplanung oder einen umfassenden Beschäftigtendatenschutz. Besonders im Fokus stehen dabei Datenschutz der Belegschaft und die Risiken der Verhaltens- und Leistungskontrolle durch KI-Systeme. 

„Nur durch erweiterte und damit gestärkte Mitbestimmungsrechte können wir faire und transparente Arbeitsbedingungen im digitalen Zeitalter gewährleisten“, sagt Kerstin Marx, Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Deutsche Telekom AG. Politik, Mitbestimmungsorgane und Wirtschaft müssten eng zusammenarbeiten, um die Rechte der Arbeitnehmer*innen zu schützen und eine verantwortungs­volle Nutzung von KI zu gewährleisten.

Diskussion mit der SPD-Parteiführung

In dem anschließenden Treffen mit der SPD-Parteiführung wurden diese Themen weiter vertieft. Mit den beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil sowie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wurden die Herausforderungen durch Personalabbau und Offshore diskutiert. Der Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland bleibe eine große Herausforderung und gefährde den Wirtschaftsstandort Deutschland. Gleichzeitig äußerten die ­Betriebsräte ihre Sorgen über die Verlagerung attraktiver und zukunftssicherer ­Arbeitsplätze in Offshoring-Regionen. Besonders problematisch sei neben der Zerstörung qualifizierter Arbeitsplätze die Tatsache, dass die Offshoring-Regionen oft durch geringe oder fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen gekennzeichnet seien. 

Risiko Offshore

Vor diesem Hintergrund wächst die ­Notwendigkeit, über die Gründung von Welt-Betriebsräten nachzudenken. Diese internationale Arbeitnehmervertretung könnte dazu beitragen, globale Standards für Arbeitsbedingungen und Rechte für Arbeitnehmer*innen durchzusetzen und den Herausforderungen und Ungerechtigkeiten des Offshorings entgegenzu­wirken. Ein Welt-Betriebsrat könnte nicht nur die Mitbestimmung auf globaler Ebene stärken, sondern auch sicherstellen, dass Unternehmen ihre soziale Verantwortung weltweit wahrnähmen, eine ­Tarifflucht würde somit erschwert.

Die Treffen des DAX-40-Gesprächskreises mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil werden fortgesetzt, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und in die Zukunft zu denken.