Beamt:innen

    Unpassende Weichenstellung

    17.05.2023
    Familie
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    Familie

    Die Bundesregierung will die amtsangemessene Bundesbesoldung und -versorgung sicherstellen. Dazu hat das Bundes­ministerium des Innern und für Heimat (BMI) einen Bundes­besoldungs- und Versorgungsangemessenheits­gesetzentwurf (BBVAngG) mit Änderungen des Bundesbesoldungs- und des Beamtenversorgungsgesetzes sowie der Bundesbeihilfeverordnung vor­gelegt. 

    Von ANita Schätzle

    Anlass sind zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus 2020 (2 BvL 4/18 und 2 BvL 6/17) wegen zu geringem Mindestabstand der Besoldung zum Grundsicherungsniveau und zu geringer Besoldung von Beamt:innen mit drei und mehr Kindern.

    Materielle Einbußen für Viele 

    Der Gesetzentwurf gibt Anlass für viel Kritik. So soll der Familienzuschlag Stufe 1 (sogenannter Verheiratetenzuschlag) zum 30. Juni 2023 abgeschafft werden. Auch alleinerziehenden Beamt:innen oder unverheirateten Eltern stünde er künftig nicht mehr zu. Eine Besitzstandsregelung für vorhandene Bezieher:innen ist vorgesehen. Der kindbezogene Familienzuschlag bleibt zwar in weiten Teilen unverändert, jedoch ohne dass der Betrag angehoben wird. Als weitere zentrale Maßnahme soll ein alimentativer Ergänzungszuschlag (AEZ) – abhängig vom Familienstand der/des Beamtin/Beamten und von der mittels Wohngeldgesetz zugeordneten Mietenstufe ihres/seines Wohnorts inklusive eines Abschmelzbetrags – eingeführt, die Einstiegsgrundgehälter im einfachen und mittleren Dienst erhöht sowie die Beihilfebemessungssätze für berücksichtigungsfähige Angehörige und Kinder auf 90 Prozent sowie für die bei­hilfeberechtigte Person ab dem ersten Kind auf 70 Prozent angehoben werden. 

    Versorgungsempfänger:innen betroffen

    Im Einzelfall kann der AEZ das Einkommen von Beamt:innen mit Familie (Kindern) verbessern. Aber der AEZ wird mittels Abschmelzbetrag je nach Besoldungsgruppe gleich wieder reduziert. Das gilt auch für Versorgungsempfänger:innen. ver.di und der DGB kritisieren, dass die Abschmelzbeträge für sie gleich hoch sein sollen obwohl deren Ruhegehalt niedriger liegt, als die Bezüge im aktiven Dienst. ver.di und der DGB fordern überdies, neben der Versorgungsauskunft auf Antrag eine obligatorische Auskunft mit Vollendung des 50., des 55. und des 60. Lebensjahres aufzunehmen sowie eine Frist für die Bearbeitungszeit.

    Bei Teilzeitbeschäftigten dürfe die Kürzung des Familienzuschlags und des AEZ nicht im Verhältnis zur Arbeitszeit erfolgen, so ver.di und DGB. 

    Perspektive für Beamt:innen bei Telekom gefordert

    Wiederholt fordern ver.di und der DGB, sich von der starren Einbindung in die für die übrigen Bundesbeamt:innen geltenden Laufbahn- und Besoldungsstruk­turen zu lösen. Erneut drängen sie auf eine Öffnungsklausel im Besoldungs- und Laufbahnrecht als Grundlage für modi­fizierte Regelungen im Verordnungswege, u. a. bei der Telekom AG. Mit Blick auf funktionsgerechte Besoldung und gestiegene Leistungsanforderungen, fordern ver.di und der DGB die Besoldungs­gruppe A 8 als Eingangsamt des mittleren Dienstes und A 10 für den gehobenen Dienst.

    Zudem fordern ver.di und der DGB weiterhin eine längst überfällige Perspektive für beurlaubte Beamt:innen bei der Telekom AG, die insgesamt mindestens zehn Jahre laufbahnübergreifend höherwertig eingesetzt waren/sind. In Anerkennung ihrer Arbeits- und Lebensleistung soll ihnen prüfungsfrei der Weg zur Übernahme in die Besoldungsgruppe A 10 des gehobenen Dienstes mit der Möglichkeit der Beförderung nach A 11 ermöglicht werden. Als Alterna­tive zu einem Laufbahnwechsel favorisieren ver.di und DGB eine ruhegehaltfähige Zulage.

    Ferner fordern ver.di und DGB eine Entfristung der Telekom BATZV (Altersteilzeit), und dass endlich der Solidaritätszuschlag bei der Berechnung des ATZ-Zuschlages nicht mehr einbezogen wird.  

    Weichenstellung korrigieren

    Die geplanten Maßnahmen sind un­passend, eine angemessene (Mindest-)Besoldung und Versorgung werden nicht erreicht. Ebensowenig das Ziel, Familien mit Kindern zu stärken. Das ohnehin komplexe Besoldungsrecht droht noch intransparenter zu werden, ja sogar zu erodieren. Die Verletzung des Mindest­abstandsgebots zum Grundsicherungs­niveau betrifft das gesamte Besoldungsgefüge. Die Abstände innerhalb der Besoldungstabelle (Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen) müssen an gestiegene Arbeits- und Funktionsanforderungen angepasst werden. Eine Besoldungsreform mit Wertschätzung und sozial ausgewogen ist geboten.